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Liebe Leser*innen,

sich einzugestehen, dass man gescheitert ist, ist wohl eines der schwersten Zugeständnisse überhaupt.

Wer möchte das denn schon, vor allem in unserer Gesellschaft, die so viel Wert auf Erfolg und Funktionieren legt. Wer scheitert, sei es in einer Beziehung, im beruflichen Kontext oder bei einem anderen Projekt, wird meistens von seinem Umfeld fallen gelassen und muss sich obendrein oft noch anhören: „Das hast du dir selbst zuzuschreiben.“, „Ich hab das kommen sehen.“ oder „Du bist so eine Enttäuschung.“


Dabei sollte es gerade in der christlichen Religion anders sein. Denn wenn man es genau nimmt, dann ist das Christentum auf ein großes Scheitern aufgebaut: nämlich dem Kreuz.

Am Karfreitag ist die große Euphorie des Palmsonntags endgültig vorbei. Jesus wird zum Tode verurteilt und von seinem Umfeld fallen gelassen. Womöglich sind es sogar einige von denen, die ihm bei seiner Ankunft in Jerusalem noch zugejubelt haben, die ein paar Tage später schreien: „Ans Kreuz mit ihm!“ Er stirbt. Kein Wunder, keine Rettung. Für ihn und seine Anhänger ein Scheitern.

Doch ohne dieses Kreuz, ohne diesen Tod, wäre Ostern nicht möglich gewesen. Das Fest, das mir zeigt, dass es auch aus den ausweglosesten Situationen einen Weg gibt.
Aus einem Scheitern kann etwas Gutes wachsen. Hoffnung. Neues Leben.  Auferstehung.


So wie manche nach dem Scheitern einer Ehe, in einer neuen Beziehung wieder aufblühen, oft sogar mehr als je zuvor.  Oder wie andere aus einem Misserfolg lernen und etwas Neues starten, bei dem sie dann zeigen können, was in ihnen steckt.

Vielleicht haben ja Sie selbst schon einmal so eine Geschichte erlebt.

Scheitern ist menschlich. Keinem Menschen gelingt alles, was er anfasst. Ich muss es deswegen nicht von vorneherein einkalkulieren, sonst würden Träume und Wünsche ja ihre Energie verlieren, mit denen wir sie starten.

Aber ich sollte mich nicht davon entmutigen lassen, wenn es eintritt. Sondern darauf vertrauen, dass Gott einen Plan für mich hat, mit dem er aus meinem Scheitern etwas Gutes wachsen lassen kann. Oft gar nicht einfach. Denn wie auch bei Jesus macht so ein Kreuz - so ein Scheitern - erst im Nachhinein Sinn. Diese Zeit gilt es auszuhalten.


Und ich würde mir dabei wünschen, dass gerade unsere Kirche die Menschen dabei begleiten würde, anstatt sie - wie beim Beispiel gescheiterter Ehen - auch noch zu verurteilen.

Gerade in unserer Religion sollte der Grundsatz vertreten werden: Scheitern erlaubt!

Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich von dieser zutiefst christlichen Botschaft getragen fühlen: Gott hält mich, auch wenn ich versage. ER lässt mich nicht fallen. ER weiß selbst, was es heißt zu scheitern.

Vielleicht hilft Ihnen ja dieser Gedanke mit dem eigenem Scheitern oder dem Scheitern anderer großzügiger umzugehen. Lassen Sie sich überraschen von dem, was Gott daraus Gutes wachsen lässt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete und hoffnungsvolle Osterzeit!

Ihre Pastoralreferentin Sandra Lohs

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