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Impulsgedanken für den 5. Sonntag in der Osterzeit von Pfr. Michael Erhart:

Den Mitschnitt des Gottesdienstes dazu finden Sie unter folgendem YouTube-Link: Video bei Youtube - 10. Mai 2020


Johannesevangelium (Joh 14, 1-12)

Liebe Schwestern und Brüder, dieses Evangelium werden schon viele gehört haben, wenn auch in einem anderen Rahmen: das ist eigentlich einer meiner Lieblingstexte für die Beerdigung. Auch wenn ich die Wohnungen, die Jesus uns bereitet, nicht als Vertröstung auf die Zukunft verstehen will, gerade für Menschen, die hier auf Erden ein hartes Schicksal zu erleiden hatten, so ist es für mich doch ein hoffnungsfrohes Bild, das Gott uns vor Augen führt. Denn Sicherheit und Geborgenheit sind für uns wichtig. Unser ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, einen Halt zu haben. Deshalb gibt es auch die Redewendung, dass ein Mensch, der sich durch nichts erschüttern lässt, nicht aus der Fassung zu bringen ist. Ich habe hier eine solche Fassung. Die hält eine Birne richtig fest und ist durch Schütteln nicht zu beeindrucken. Doch wir kommen wir zu dieser Haltung, was ist für unser Leben eine Quelle der Sicherheit?
Wir alle kennen Situationen, die uns fassungslos machen: schlechte Note in der Schule, die Arbeitsstelle gekündigt, Beziehung gescheitert, eine Krankheit, die das Leben verändert, der Tod, der immer unverhofft ins Leben einbricht, die aktuelle Situation in der Corona-Krise.
Was wir wirklich brauchen, ist die Suche nach einem Weg, der uns hilft, Halt im Leben zu bekommen, sozusagen wieder Fassung zu gewinnen. Zwei Richtungen sind dabei gut. Die erste geht nach oben: Jesus sagt von sich: ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Ich habe für euch Wohnung und Sicherheit. Damit will er uns eine entscheidende Hilfestellung geben. Denn seine Haltung ist lebensbejahend. Er will uns Halt geben, an Gott können wir uns festhalten. Deshalb ist es ja auch so wichtig, mit ihm stets im Kontakt zu bleiben, eine Glühbirne allein könnte nichts bewirken, sie braucht ihre Fassung um Halt zu haben, aber auch um Kontakt zu bekommen. Mag es momentan auch nur eingeschränkt möglich sein, Gottesdienste zu besuchen – beten, mit Gott reden, kann man immer und überall.
Die zweite Richtung geht ins Miteinander: gerade wenn wir uns von Gott gehalten wissen, können wir einander selbst zum Halt werden. Jetzt, wo es langsam wieder möglich ist, können wir Menschen besuchen, die einsam sind, denen jeder Kontakt verwehrt blieb. Ein gutes Wort, eine helfende Hand, das sind gerade in diesen Tagen kostbare Zeichen. Und nicht nur in der aktuellen Situation wäre es schön, wenn wir einander mit Dankbarkeit und Wertschätzung begegnen. Ein freundlicher Blick geht sogar mit Mundschutz und über ein „Danke schön“ freut sich jeder, der einem anderen etwas gutes getan hat. Ich würde mir wünschen, dass wir aus dieser Zeit der Entschleunigung so manches mitnehmen, was das mitmenschliche Miteinander betrifft. Eine neue Wertschätzung gegenüber Berufsgruppen, die unter vollem Einsatz arbeiten, damit das Sozial- und Gesundheitssystem nicht vollkommen zusammenbricht, das Gespür, wie wichtig menschliche Kommunikation und Begegnung ist und v.a. auch die Grundhaltung der Dankbarkeit, dass einfach nichts selbstverständlich ist, auch wenn wir das in den letzten Jahrzehnten so erlebt haben. Dann hätte auch diese Krise einen Sinn gehabt.
Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie trotz schwieriger Umstände die Fassung bewahren und sich immer gehalten fühlen – von Gott und den Mitmenschen und so selbst zum Halt für andere werden können.

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