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PG Am Weinstock Jesu – man kann nicht immer gewinnen, sogar beim Wetter

Nach so einem Tag fällt es gar nicht so leicht, noch einen Bericht zu schreiben. Um gleich mal ein wenig Trost nach D zu schicken: auch wir hatten heute einen „soft day“, d.h. die Sonne gabs heut flüssig. Wobei es vermessen wäre, dies leichte Getröpfel als Regen zu bezeichnen. Wir konnten zumindest mal unsere Regenjacken anziehen und die Schirme öffnen. Nicht, dass wir sie umsonst dabei hätten. Das war allerdings nur bis Mittag...
Auf dem Weg zur Halbinsel Dingle führte uns der 1. Halt heute zum Atlantik. Ein schöner Sandstrand (mit Parkverbot darauf!), das Meer hatte Ebbe und war mit 13 Grad wohl genauso warm oder kühl wie die umgebende Luft. Da es aber windstill war, konnte man das als warm empfinden. Zeit für einen kleinen Strandspaziergang.

Weiter gings nach Dingle, der westlichsten Stadt Europas. Dort lernten wir zumindest die Statue von Fungie kennen. Fungie, das ist ein Delphin, der sich vor 30 Jahren in den Hafenbereich von Dingle verirrt hat und sich seitdem hier recht wohlfühlt. Es gibt sogar Schiffsfahrten zu Fungie mit Geld-zurück-Garantie, wenn man ihn nicht sieht. Die Iren können mit Tieren echt besser umgehen, sie können lesen (siehe gestern), haben Sprechstunde...

Dingle selbst ist ein nettes Städtchen, typisch irisch, ziemlich bunt, aber aufgeräumt. Es gibt sogar einen „walk of fame“, da dort mal ein Film gedreht wurde. Dann durften wir uns auch mal an einem Klassiker des Speisekarte erfreuen: fish&chips. War aus Kabeljau, ganz frisch und sehr lecker. Es gab in der Eisdiele sogar eine ganz besondere Spezialität: Eis "dingle sea salt", also Meersalzeis. Soviel Kreativität ist selbst mir zuviel für 2,20 Euro die Kugel...

Weiter gings bis zur Westspitze Irlands und somit Europas mit Namen Slea Head. Mittlerweile hat sich der Nebel so weit aufgeklart, dass wir die vorgelagerten Inseln sehen konnten und das auch regenfrei. Ein atemberaubender Anblick. Die Vegetation wird in dieser Ecke so schlagartig anders, von fast mediterran (im county Kerry wachsen immerhin Palmen) bis hin zu schroffer Steinküste. 3 alten Bauwerken widmeten wir noch größere Aufmerksamkeit: zum ersten das Gallarus Oratory. Ein Bethaus, ca. 1300 Jahre alt, erbaut nur mit Steinen, ohne Mörtel. Die Mauern sind gut 1 Meter dick und das Gebäude steht heute noch wie eine 1. Als nächstes haben wir einen Blick auf die sogenannten „Bienenkörbe“ geworfen, kleine Einsiedeleien, ähnlich alt wie das Oratory, die eben in dieser Form wie ein Bienenkorb erbaut sind. Auch diese sind noch wunderbar erhalten und man fragt sich, ob fantastisch geplante Gebäude unserer Zeit wie der Berliner Flughafen im Jahr 3300 auch noch Bestand haben.

Zuletzt trafen wir noch auf eine rudimentär erhaltene Kirche namens Kilmalkedar. Deren Highlights sind v.a. ein sog. Ogham-Stein, auf denen keltische Schriftzeichen zu sehen sind sowie eine der ersten Sonnenuhren. Wir hätten ja gern die Zeit abgelesen, aber der Stab fehlte...

Natürlich war der ganze Tag geprägt vom Vorgeplenkel auf das große Spiel am Abend. Als leidenschaftlicher Fußballfan der Bayern, der ich nun mal bin - hatte auch Trikot und Mütze an -, kann man wenig geschickteres machen als mit einer Pilgergruppe nach Irland zu fahren, und zwar aus 2 Gründen: 1. die Mehrheit der Gruppe ist der Meinung, die Dortmunder müssten gewinnen, denn die Bayern sind ja schon Meister geworden und das wäre dann gerecht, wenn Dortmund gewinnt. 2. Setz dich NIE in einen pub voller Iren bei so einem Spiel. Sie sind derart leidenschaftliche Dortmund-Fans. Auf meine Frage, warum das so sei, meinte einer: wir Iren sind immer für den underdog, weil wir selber einer sind. Toll. Lauter Gerechtigkeitsfanatiker. Als ob das ein Kriterium für Fußball ist. Ansonsten läuft public viewing hier deutlich anders ab als in D. Nachdem ich mich um 20:10 Uhr MESZ vom noch nicht vollendeten Abendessen losgeeist habe, musste ich feststellen, dass die Aussage von Reiseleiter Thomas nicht so falsch ist: die Iren interessieren sich mehr für Hurling, Rugby und Football denn für Soccer (Fußball). Im pub gabs noch ein paar gute Plätze und ich hab mich auch entspannt mit James, einem Iren mit Bayerntrikot unterhalten können. Die Gesinnung aller anderen war mir nicht offensichtlich erkennbar. In der starken Anfangsphase der Dortmunder dann schon, denn ich war klein mit Hut und fühlte mich ziemlich allein. Wobei man sich das nicht so vorstellen muss, dass die Luft zum Atmen knapp wurde. Man konnte bequem auf die Toilette oder sonst wo hin. Wäre ein Musiker aufgetreten, wäre mehr los gewesen. Überhaupt haben sich die Iren nur bedingt fürs Spiel interessiert und derweil Mails gecheckt und Nebengespräche geführt, in einer deutschen Kneipe bei so einem Spiel kaum vorstellbar. Allein beim eher martialischen Auftritt der „german Ritter“ haben sie noch aufgepasst. Beim 1. Tor der Bayern war dann aber erst mal ganz schlechte Stimmung und ich habe mich relativ verhalten gefreut. Laut wurd´s dafür beim 1:1. Dann gings nicht nur auf dem Platz hin und her. Das 2:1 war schon begleitet von massig Schmährufen, die ich aber abhaben konnte. Und dass ich dann am Schluss wie ein Flummi durch den pub gesprungen bin, das haben mir sogar die Iren gegönnt. In der Hinsicht waren sie faire Verlierer, weil es ihnen eh um nix wirklich ging. Man kann also sagen: wenn man echte Stimmung haben will, dann sollte man nicht unbedingt ein solches Spiel in einem irischen pub anschauen...
Morgen gehts wieder weiter, vorbei an den Clips of Moher bis nach Atherney nahe Galway. Wird bestimmt auch wieder interessant.

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